Veranstaltungen im Schuljahr 2021/2022

Sicherlich alle Lehrer verspürten eine große Erleichterung, dass in diesem Schuljahr wieder weitgehend Präsenzunterricht stattfinden konnte. Jedoch waren gerade in unserem Fachbereich noch große Einschränkungen spürbar, da wir in normalen Jahren zahlreiche Veranstaltungen rund um das Thema Politik zum Schulleben beisteuern, die jedoch leider wegen der Infektionsgefahr zumindest nicht in den gewohnten Formen möglich waren. Ich bin der Ansicht, dass Onlineformate hier nur einen unvollständigen Ersatz bieten können.

Ein wertebasierter, neuer PuG-Lehrplan

Da der alte Sozialkundelehrplan schon etwas in die Jahre gekommen war, wird dieser nun durch den PuG-Lehrplan ersetzt, der mit einer neuen Werteausrichtung aufwartet. Diesen präsentierte im Rahmen einer PuG-Fachkonferenz der Fachbetreuer und StRin Stefanie Hösl. Im ersten Referat wurde vom Fachbetreuer die Zielsetzung, der Aufbau und die Struktur des Lehrplans beschrieben sowie auf die didaktischen Jahrespläne und die Verzahnung mit den IHK-Prüfungen eingegangen.

Stefanie Hösl stellte hingegen im 2. Referat von ihr im Rahmen des Werte.BS-Schulversuchs erarbeitete Best-Practise-Beispiele vor und demonstrierte mit diesen Unterrichtsstunden die umfangreichen Unterstützungsmaterialien in Mebis. Diese als Werkzeugkästen bezeichneten Sammlungen unterstützen die PuG-Lehrkräfte mit Referaten sowie methodischen und theoretischen Materialien. Dort können zudem ausgearbeitete Unterrichtsstunden heruntergeladen werden. In der abschließenden Diskussion erkundigten sich die Lehrkräfte unter anderem nach PuG-Schulbüchern, die leider noch nicht erstellt waren. Dies mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Lehrplan stufenweise eingeführt wird, im Schuljahr 21/22 begannen wir mit der 10. Klasse. An dieser Stelle soll allerdings die Erstellerin der Materialien, Frau StRin Stefanie Hösl noch selbst zu Wort kommen.

Neuer Fachlehrplan „Politik und Gesellschaft“

Im Schuljahr 2021/2022 wurde der neue Fachlehrplan „Politik und Gesellschaft“ in der zehnten Klasse eingeführt. Die Unterstützungsmaterialien hierfür konnten auf Mebis eingesehen werden Unter den über 40 eingereichten Unterrichtsentwürfen befanden sich ebenfalls die als Best-Practise-Beispiele ausgezeichneten Materialien von Stefanie Hösl. Die Unterrichtsstunden wurden im vorangegangenen Schuljahr bayernweit, aber auch schulintern multipliziert. 

Darauf aufbauend wird im aktuellen Schuljahr am Beruflichen Schulzentrum Weiden im Rahmen des Modellversuchs Werte-BS die didaktische Jahresplanung für die zehnte Klasse im Ausbildungsberuf Kauffrau/ -mann im Büromanagement durch Stefanie Hösl entwickelt. Um ein möglichst breites Angebot an didaktischen Jahresplänen zu erhalten, wurde im Vorfeld jeder Modellschule ein unterschiedlicher Ausbildungsberuf zugewiesen. Die in den Modellschulen entwickelten didaktischen Jahrespläne werden anschließend ebenfalls über Mebis zur Verfügung gestellt. 

Darüber hinaus wurden in der ersten Hälfte des aktuellen Schuljahres die Unterrichtsentwürfe für die elfte Klasse, ebenfalls durch Stefanie Hösl, zu folgenden Modulen erstellt:

    • 11.3.1 Demokratie und Wahlen
        ◦ 11.3.1.1 Funktionen und Bedeutung von Wahlen
        ◦ 11.3.1.2 Wahlgrundsätze
        ◦ 11.3.1.3 Escape Game Bundestagswahl
    • 11.4.3 Partizipation an der politischen Willensbildung
        ◦ 11.4.3.1 Überblick Teilnahmemöglichkeiten
        ◦ 11.4.3.2 Bürgerbegehren, -entscheid

Nach vollständiger Sichtung werden diese Materialien ebenfalls zur Nutzung beziehungsweise Weiterarbeit veröffentlicht. 

Darauf aufbauend werden im nächsten Schuljahr durch die Modellschulen die Unterstützungsmaterialien für die zwölfte Klasse erstellt. 

StRin Stefanie Hösl

Simulation der Bundestagswahl – die Weidener Jugendwahl an der Europa-Berufsschule

Anlässlich der Bundestagswahl konnten wir wie gewohnt in der Aula eine Weidener Jugendwahl unter Beteiligung des Weidener Jugendzentrum JuZ durchführen. Dabei durften vor allem noch nicht volljährige Schüler unter realistischen Bedingungen ihre Stimme abgeben. Im Vorfeld bereiteten wir im Unterricht auf die Wahl vor. Wir erklärten das Bundestagswahlsystem und gaben einen Überblick zu den Parteien, die sich beteiligten. Fünf Wahlhelfer der Klasse HTI 10 unterstützten den Wahlvorstand Philipp Franz, den das JuZ an die Schule entsandte. Sein Bruder, Konstantin Franz, der gerade ein Praktikum bei den Oberpfalz-Medien ableistete, schrieb den Zeitungsartikel hierzu.

Die Wahlhelfer zählten im Anschluss die abgegebenen Stimmen aus, die in den Sozialen Medien des JuZ veröffentlicht wurden. Für ihre Bemühungen erhielten die Wahlhelfer, die mit viel Energie bei der Sache waren, im Anschluss 35 €, wie dies auch bei der tatsächlichen Bundestagswahl der Fall ist.

            
Ausstellungseröffnung „Umbruch Ost – Lebenswelten im Wandel“ an der Europa-Berufsschule

       
Die Auszubildenden der Europa-Berufsschule Weiden erlebten altersbedingt den Ablauf der deutschen Wiedervereinigung nicht. Umso wichtiger ist es, diesen zentralen Bestandteil deutscher Geschichte den Schülern nahezubringen. Die Ausstellung „Umbruch Ost – Lebenswelten im Wandel“ der Bundesstiftung Aufarbeitung und des Ostbeauftragten der Bundesregierung bot hierfür einen willkommenen Anlass.
       
       Dies hob ebenfalls Schulleiter Josef Weilhammer in seinem Eingangsstatement hervor und zeigte sich erleichtert, dass wir nach der uns fast ewig vorkommenden Coronapause wieder in einer Präsenzveranstaltung mit Gästen eine Vernissage gestalten durften. 
       
       MdL Christoph Skutella, der die Ausstellung an die Schule geholt hatte, verwies in seiner Einführungsrede auf die großen strukturellen Unterschiede des damaligen Ost- und Westteil Deutschlands vor der Wiedervereinigung. Der Mauerfall weckte einerseits immense Erwartungen. Gleichzeitig existierte eine große innerdeutsche Solidarität und Hilfsbereitschaft. Andererseits verursachte der damalige wirtschaftliche Zusammenbruch und der damit verbundenen Arbeitslosigkeit im Ostteil Deutschlands Ängste, Verzweiflung und Verlusterfahrungen, was leider die Entstehung rechtsradikaler Tendenzen begünstigte, sich aber positiv in Kunst und Kultur niederschlug. Als Beispiel führte Skutella die Jugendkultur der 90er, wie etwa Punk, Techno etc., an. Selbst die Loveparade wurde von diesen Entwicklungen stark beeinflusst sowie nicht zuletzt der verhüllte Reichstag von Christo mit seiner Botschaft von Kunst und Kultur.
       
             
Der Schulleiter Weilhammer wies zudem ganz allgemein auf die Leistungen hin, die das Nachkriegsdeutschland stemmte, wie z. B. die Aufnahme von 15 Millionen Heimatvertriebenen oder eben in den 90er Jahren die deutsche Einheit, die bei allen Schwierigkeiten erfolgreich verlief. An die Schüler gewandt betonte er, dass ihn dies optimistisch ohne Angst in die Zukunft blicken lasse, die kommenden Herausforderungen würden ebenfalls bewältigt. 
       
Die Auszubildenden, die die Ausstellung besuchten, lobten die Vernissage als willkommene Abwechslung, die gut geschriebenen Texte sowie die QR-Codes, mit deren Hilfe sich vertiefende Informationen unkompliziert aufs Smartphone laden lassen. Ihnen war außerdem wichtig, dass die Tafeln während den Pausen ohne großen Aufwand zugänglich sind. Auch externe Besucher konnten die Ausstellung bis zum Jahresende unter Beachtung der 3G-Regeln betrachten.
       
Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine: Vortrag von Prof. Dr. Gunther Schmid

Die dramatischen Ereignisse rund um den Angriffskrieg Putins in der Ukraine, die die politischen Diskussionen der letzten Wochen dominierte, bestimmte häufig ebenfalls den PuG-Unterricht. Die Lehrer im Fach suchten nach Motiven und Erklärungen der für uns häufig irrational wirkenden Handlungen Putins. So wuchs der Wunsch, einen Fachmann zur Thematik an die Schule zu laden, der unsere offenen Fragen beantworten konnte. Herr Prof. Dr. Gunther Schmid, ein Experte in Fragen der internationalen Politik, erläuterte im Mai 2022 seine Sicht der Dinge. Sicherlich stark verkürzt finden Sie in der Folge die zentralen Thesen seines Vortrags.

Motive und Konfliktursachen aus russischer Sicht
Putins Ziel ist es, dass Russland behandelt wird, als existierte noch die UdSSR. Außerdem sollen die Auswirkungen des Zerfalls der UdSSR zurückgedreht werden. Viele Russen empfinden deren Kollaps als große Kränkung, was in einer großen Unzufriedenheit mündet. 

Was macht die Ukraine so bedeutsam?
Die Ukraine war die Kornkammer und Waffenschmiede der UdSSR.

Warum war der Zeitpunkt des Angriffs für die Russen optimal?
Der Zeitpunkt des Überfalls war geschickt gewählt, da die Amerikaner durch den Abzug aus Afgha­nistan geschwächt waren und große innenpolitische Probleme zu bewältigen hatten (von Trump in Gang gesetzte Spaltungsprozesse, eine neue Regierung). Nord-Stream 2 ermöglichte die Umgehung von Polen und der Ukraine, Gas wurde als Erpressungsmittel einsetzbar. Großbritannien befand sich im Streit mit der EU, während Ungarn und Polen den Rechtsstaat demontierten.

Die Merkel-Lücke, der Wechsel zu einer von Putin als schwach empfundenen Ampelkoa­lition, kam ihm ebenfalls sehr gelegen. Am 81. Tag wurde die Ampelkoalition mit dem Ukraine­krieg und der Realität konfrontiert, dass die Bundeswehr uns nicht verteidigen kann. 
Epochal fanden 77 Jahre ohne Krieg in Europa, die europäische Friedensordnung und der Glaube „Wandel durch Handel“ ein Ende. Es entstanden zudem auch finanzielle Belastungen aufgrund der Sanktionen. 

Ebenfalls stellt sich die Frage, ob Deutschland diesen Krieg verkraften kann, ob Wohlstandsgesell­schaften ständige nukleare Drohungen ertragen können. Eine Antwort kann momentan noch nicht gegeben werden, da der Krieg erst noch in die nächste Phase gehen wird. 
 
Stationen und Etappen von Putins Abwendung 
Putin musste als KGB-Agent in Ostberlin den Niedergang der DDR hinnehmen. Dies fand seine Fortsetzung in der Erfahrung von Korruption und Zerfall in der UdSSR. 2003 etwa folgte die Ro­senrevolution in Georgien, die Präsident Schewardnadse hinwegfegte und 2008 in das militärische Eingreifen Russland und den Kaukasuskrieg mündete. 2004 führte die Orange Revolution in der Ukraine und 2005 die Tulpenrevolution in Kirgisistan zu einer russischen Einkreisungsphobie. In der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, die vielfach als Warnschuss empfunden wurde, positio­nierte sich Putin gegen eine von ihm so empfundene monopolare Weltherrschaft der USA, die ande­ren Staaten ihre Regeln aufdrängt, die sie nicht wollten und in militärischen Abenteuern tausende von Menschenleben opfert. Außerdem stellte er die Frage, gegen wen sich die NATO-Osterweite­rung richtet, die gegebene Garantien im Rahmen der Wiedervereinigung verletzt. 

Putin wollte das alles so nicht hinnehmen, was unter anderem in den von ihm geäußerten Sätzen “Der Untergang der UdSSR ist die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhundert“ oder „Der Untergang der UdSSR ist ein Irrtum der Geschichte und muss korrigiert werden“ zum Ausdruck ka­men. In weiteren Kriegen, etwa in Syrien, erprobte Putin die Strategien, die nun in der Ukraine zum Einsatz kommen. Putins Selbstradikalisierung schreitet voran und kommt in seiner totalitären Pro­paganda, etwa mit dem Begriff der „Deukrainisierung der Ukraine“, zum Ausdruck. Mit Russland als ein­dimensionaler Militärmacht betreibt Putin sein historisches Projekt „Geschichtsvollzieher“ als his­torische Mission voran, die die verflossene Macht der UDSSR in Russland restaurieren will. 

Welche Rolle spielt China?
Die Beziehungen zwischen Russland und China waren noch nie konfliktfrei. 1969 standen China und Russland am Rande eines Atomkriegs. Auf beiden Seiten gibt es bis heute ein tiefes Misstrauen. Die wirtschaftlichen Verflechtungen Chinas mit Europa lassen sich nicht von der Hand weisen. Chinas Rolle in einem hochkomplexen Konfliktgeschehen bleibt also ambivalent. 

Optionen Putins im Ukrainekrieg
Professor Schmid beleuchtete abschließend Optionen Putins im Ukrainekrieg. Im am wahrschein­lichsten Krim-Szenario würde in einem Referendum der besetzten Gebiete der Wechsel zu Russland beschlossen. Weiter möglich wäre eine Teilung der Ukraine oder eine Abtrennung des Donbass. Nicht ausgeschlossen werden kann jedoch ebenfalls ein Staatsstreich in Russland, durchgeführt etwa vom Geheimdienst, dem Militär oder dem Kreml. Da Russland hierarchisch, vertikal struktu­riert ist, entstünde die Gefahr, dass der Staat zerfällt.

Ausblick

In diesem Schuljahr holen wir noch einige Veranstaltungen nach, die coronabedingt verschoben werden mussten. So besuchen uns im Juli noch die Jugendsekretäre des DGB im Rahmen ihrer Berufsschultour und klären die Schüler über Fallstricke des Arbeitsrechtes auf. Herr Peter Hoffmann wird ebenfalls im Juli anlässlich der zweiten Fachkonferenz PuG fachkundig Auskunft zur Rentenversicherung geben. Ich hoffe, dass wir im kommenden Schuljahr langsam wieder zur Normalität mit den gewohnten Lesungen, Referaten, Diskussionen etc. unter externer Beteiligung zurückkehren können.